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Ruth Wentorf

Flötistin




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Leibowitz, René
* 17.2.1913 Warschau, † 29.8.1972 Paris

aus: Lexikon der Flöte, Laaber 2009


Die Zwölftonmusik der Schönberg-Schule war das lebenslange Thema des Musikschriftstellers, Pädagogen, Dirigenten und Komponisten René Leibowitz. In einem assimilierten jüdischen Elternhaus in Warschau geboren, kam er 1929 nach Paris. 1937/38 begann er, von Rudolf Kolisch und Erich Itor Kahn in die Zwölftontechnik eingeführt, vorwiegend als Autodidakt zwölftönig zu komponieren. Er stand in engem Kontakt mit Künstlern und Intellektuellen der Pariser Szene (u.a. Daniel-Henry Kahnweiler, Jean-Paul Sartre, Albert Camus, Maurice Merleau-Ponty). Nach 1945 gehörte Leibowitz in Europa zu den führenden Vermittlern der Werke der Zweiten Wiener Schule, zunächst in Paris, dann auch bei den Internationalen Ferienkursen in Darmstadt. Er veröffentlichte zahlreiche Analysen und Schriften zu diesem Thema. Zu seinen Schülern gehören u.a. Pierre ? Boulez, Vinko Globokar, Hans Werner Henze. In seiner Musikästhetik verklärte er die Zwölftontechnik zum Gesellschaftsentwurf. In ihr fand er die Synthese von konstruktiver Disziplin und Freiheit der Erfindung. Die Dodekaphonie war für ihn das absolute Maß einer neuen Musik, während sein Schüler Boulez bereits den Bruch mit Konventionen jeglicher Art vollzog. Leibowitz wurde von der neuen Avantgarde überholt und schließlich verdrängt.

Die zwölftönigen Werke Schönbergs und Weberns waren für Leibowitz’ eigenes Komponieren (sechs Opern, Lieder, Kammer- und Klaviermusik) eine maßgebliche Instanz. Sein bisher wenig gespieltes Œuvre umfasst 12 Kompositionen mit Flöte, darunter eine Sonatina für Flöte, Viola und Harfe op. 69 sowie ein Capriccio für Flöte und Streichorchester op. 79. Die Sonate für Flöte und Klavier op. 12b (1944) ist ein Beispiel für Leibowitz’ Rezeption später Werke Anton Weberns. Höchstwahrscheinlich entstand sie parallel zu seiner Analyse von Weberns Variationen für Klavier op. 27, die 1947 in Schoenberg et son école erschien. Analogien in der Satzfolge, im formalen Aufbau, im Stimmenverlauf bis hin zu Details in der Phrasierung, Dynamik und Motivik sind erkennbar. Das Bläserquintett op. 11, 1944 komponiert, weist Parallelen zu Schönbergs Bläserquintett op. 26 auf. Ebenso zeigt die Kammersinfonie op. 16 deutliche Verbindungen zu Anton Weberns Konzert op. 24.

Großen Erfolg hatte Leibowitz als Dirigent mit seinen analytisch präzisen, textgetreuen Interpretationen, so z.B. mit seiner Gesamteinspielung der Sinfonien Beethovens (1961 bei RCA-Records). Seine Werke und Schriften befinden sich heute in der Paul Sacher Stiftung in Basel.


Werke mit Flöte (Auswahl):
Chamber concerto für Bläserquintett, Streichtrio und Kontrabass op. 10 (1943/44)
Bläserquintettt op. 11 (1944)
Sonate für Flöte und Klavier op. 12b (1944)
Chamber Symphony für 12 Instrumente op. 16 (1948)
Trois poèmes für Sopran, Klarinette, Streichtrio und Klavier op. 46, Text von Georges Limbour (1958)
Sonatina für Flöte, Viola und Harfe op. 69 (1966/67)
Motifs für Sopran, Flöte, Klarinette, Violine, Violoncello und Klavier op. 74, Text von Georges Limbour (1966/67)
Capriccio für Flöte und Streicher op. 79 (1967)


Literatur:
S. Gärtner, Komposition als klingende Analyse: René Leibowitz’ Sonate op. 12 in ihrer Beziehung zu Weberns Variationen op.27, in: SJbMw 19 (1999), S. 319–335 • S. Meine, Ein Zwölftöner in Paris. Studien zu Biographie und Wirkung von René Leibowitz (1913-1972), Augsburg 2000 • Dies., Leibowitz, René, in: MGG2P, Bd. 10, Kassel u.a. 2003, Sp. 1514–1517 • S. Gärtner, Werkstatt-Spuren: Die Sonatine von Pierre Boulez, Bern 2008, S. 69–85.
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